Kunst Forum Weil der Stadt

 

 

Susanne Neuner + Johannes Hewel

- ein Künstlerpaar - Lebens-Bilder!

25.11. - 16.12. 2012

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Es geht bei dieser Ausstellung um einen „Zusammenklang, das subtile innere Miteinander" zweier besonderer Künstler, wie Prof. Dr. Nils Büttner (rechts Bildmitte) von der Staatl. Akademie der Bildenden Künste Stuttgart in seiner Rede zur Vernissage in der Wendelinskapelle letzten Sonntag ausführte. Hewel, der Geisteswissenschaftler, Welteroberer mit dem Fahrrad, vielfach preisgekrönter und geehrter Künstler, Professor für Glasgestaltung an der Stuttgarter Kunstakademie. Susanne Neuner (vorn rechts), gelernte Buchbinderin, nach Grafikstudium und Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg nun selbst Dozentin für Malerei und Grafik in Schwäbisch Hall und Marburg. 25 Jahre lebten beide in einem alten Bauernhof in Rot am See zusammen, arbeiteten allerdings in getrennten Ateliers, bis Johannes Hewel 1999 plötzlich verstarb. Die Künstlerin tat sich schwer mit dieser ersten gemeinsamen Ausstellung posthum, schließlich traf sie für ihre Freunde im Kunstforum eine feine Auswahl aus weit über tausend Arbeiten aus dem Nachlass.

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Nicht Anspielungen auf kirchliche und historische Zusammenhänge in der Wendelinskapelle - vielmehr spiritueller Inhalt selbst diesmal im ehemaligen Kirchenraum. Die 10 farbigen Linolschnitte der von Hewel „Brahman endless“ benannten Serie greifen die kosmische Form des zeitlosen „prana“ auf, das Goldene Ei. Die Zeichen und Gebilde innerhalb dieser Ei-Formen wirken ähnlich verschlüsselt wie die Aphorismen des Brahma-Sutra, die ohne Kommentar oder einen Lehrer ja völlig unverständlich sind. Dort war es offenbar die Absicht des unbekannten Verfassers, dem Studierenden der Geheimlehre mit Stichworten eine Gedächtnisstütze zu geben. Die einzelnen Zeichen und Wortgebilde offenbaren sich bei Hewel bei genauem Hinsehen dann doch als einfach verständliche Aussagen.

 

Zusammenspiele finden in der Kapelle nicht nur im Verhältnis von (ehemals) klerikalem Gebäude und dem spirituellem Inhalt von Hewels „Brahman endless“-Linolschnitt-Serie statt. Übereinstimmungen kann man auch in formalen Dingen feststellen zwischen den kosmischen Ei-Formen für das zeitlose „prana“ bei Johannes Hewel und den Ovalen der anonymen Kopfgebilde von Susanne Neuner, die beide wiederum mit den barocken Fensteröffnungen der Kapellen-Westwand, den sog. „Ochsenaugen“, korrespondieren. Das normaler Weise runde Westfenster christlicher Kirchen, die Westrose, gilt als Sinnbild für die Lichterscheinung Gott. „prana“ oder das „brahman“ im Hinduismus ist Urgrund aller Einzelseelen. Die „erlöste“ Einzelseele lebt ewig als individuelles Geistwesen (Kopf). In der Kapelle kann man sich in diese Gedankenwelt hinein versetzen, sich darüber beugen, vielleicht in Andacht fallen. Ob die Künstlerin beim Konzipieren dieser Ausstellung und Hängen der Bilder die vielfältigen Bezüge bedacht hatte, konnte man Susanne Neuner bei der Finissage befragen

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Nicht äußerliche Weltenbilder waren in der Wendelinskapelle zu begutachten, die Ausstellung berichtete vielmehr von inneren Welten, einem Gedankenreich. Der staunende Betrachter tat gut daran, zunächst alles Sichtbare einzeln wahrzunehmen, um dann die dargestellte Gedankenwelt gesamt zu dechiffrieren, vielleicht auch nur erahnen zu können. „Schwimme nicht davon“ hat Susanne Neuner über ihren schemenhaften Kopf geschrieben, in dem noch eine Zahlenreihe wie in einem Kalenderblatt durchschimmert. Ordentlich handgeschriebene Ziffern strömen aus der angedeuteten Mundöffnung des Anonymus heraus. Vom Mund nach links oder aber als Reihe nach rechts zu lesen wie die Schrift - ins Vergangene also oder in die Zukunft? (Der 1. Vorsitzende macht sich seine persönlichen, eigenen Gedanken und lacht verschmitzt).

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Friederike Groß

Sollbruchstellen

23.9. - 14.10.2012

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Die Kapelle war zur Vernissage mehr als gut gefüllt und die Predigt beginnt mit „Liebe Gemeinde!" - auf der Kanzel bzw. zwischen all den Besuchern und glücklich eine Bekannte, die Künstlerin Friederike Groß, im Land der Stuttgarter Zeitung einfach bekannt als die Karikaturistin! Nicht Karikatur-Blätter jedoch schmücken sinnigerweise die Wände, sondern Triptychen. Ein solcher Flügelaltar stand früher wohl tatsächlich in der Kapelle des heiligen Wendelin, als diese noch als Gotteshaus diente. Nun verkünden gleich 11 solch dreiteiliger Schau-Objekte von weltlich-profanen Themen wie etwa „perversitas" (Verrücktheit), „voluptas" (Lust), „libertas" (Freiheit) und "pervestigatio" (Forschung) - angeblich Allegorien für die Kunst. Aber nicht etwa die vergnüglichen und hintergründigen Malereien und Zeichnungen auf den Altartafeln seien das eigentlich Wichtige, vielmehr die „Fugen", die Abstände zwischen ihnen, vernehmen schmunzelnd die zum Teil weit angereisten Vernissagegäste ... 

...wie das genauer zu verstehen ist, konnten die Besucher zur Finissage am Sonntag, 14. 10. genauer hinterfragen. Helmut John moderierte eine offene Gesprächsrunde mit Friederike Groß, die Wissensdurstigen alle Fragen offen und amüsant beantwortete.

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Annette Voigt

"Heu"

24. Juni - 15. Juli 2012

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Anette Voigt's Arbeiten irritieren, verlangen ein „um die Ecke denken", wie sich die Kunsthistorikerin Barbara Leicht in ihrer Einführungsrede ausdrückte: „Für die Wendelinskapelle ist Heu keine Neuigkeit. Nachdem Weil der Stadt 1648 von Französischen Truppen eingenommen wurde, geriet die religiöse Bedeutung der kleinen Kapelle wohl in Vergessenheit. Die Wendelinskapelle wurde zur Scheune umfunktioniert, war lange Zeit Speicher für Heu, Raum für bäuerliches Gerät und Stallung für das Vieh ... 
Dem künstlerischen Prozess nicht zugehöriges Material wie Heu zu installieren, das ist in der zeitgenössischen Kunst nichts mehr recht Ungewöhnliches. Und trotzdem: Heu als organisches Material vermittelt in seiner erweiterten Eigenschaft als Objekt neue Sichtweisen. Es erhält einen musealen, wenn nicht sogar ethnologischen Aspekt. Seine reine Verwendbarkeit als Futtermittel wird damit teilweise in Frage gestellt und regt somit an, an einen erweiterten Kontext zu denken.

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Zudem zeigt Annette Voigt ein eigenwilliges Instrumentarium, das sie neben den Heuhaufen stellt. ... Wir vermuten Gegenstände bäuerlichen Brauchtums, die wir in unserer automatisierten Welt kaum mehr kennen ... Die Künstlerin verändert bewusst Größenverhältnisse. So versucht man Objekte zu identifizieren, die man eigentlich dem Zehn-Zentimeter-Bereich zuordnen würde ...

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Neben alldem steht unkaschiert die kleine Wendelinsfigur, die auf den Genius Loci hinweist, dem Annette Voigt mit ihrem Form- und Materialvokabular gerecht werden möchte...Wendelin ist Schutzpatron der Hirten und Bauern...
In der Geschichte dieses Ortes kulminieren gleich mehrere Themen: Die Vita und das Wirken des Heiligen, seine Verehrung seit dem Mittelalter, die Besetzung durch militärische Gewalt und die Umfunktionierung des Gebäudes als Scheune und letztendlich als Kunstraum, in dessen heutiger Situation Voigt den Bogen in die Historie zurückschlägt und die Ortstradition vergegenwärtigt... Ganz bewusst arbeitet die Künstlerin mit dem sakralen Ort. Wiederum öffnet sich ein Reflexionsfeld für den Betrachter. Die Pseudogeräte können formal in den christlichen Kontext der „Arma Christi" gesetzt werden, der Heuhaufen könnte den Berg Golgatha interpretieren.
Eine gewisse Aggression ist diesen Gerätschaften also immanent. Schwarz gebeizt vermitteln sie den Schrecken von Brandschatzung und Krieg. Annette Voigt spürt der Stadthistorie nach. Sie verwandelt die Kapelle in eine Art Rüstkammer.
Voigt vermeidet eine absolute Eindeutigkeit und öffnet mit diesem künstlerischen Prinzip Denkräume und den Dialog zwischen Installation und Rezipienten." (Barbara Leicht M.A., Kunstmuseum Erlangen)

 


Georg Jankovic

"Familienbilder"

4. - 25. 3. 2012

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Das Kunstforum Weil der Stadt eröffnete seine erste Ausstellung des Jahres mit einer Werkschau von Georg Jankovic. Der 1947 geborene Künstler, der in Stuttgart lebt und arbeitet, stellt selten aus und zog nun eine derart große Zahl an Vernissagegästen an, dass die Wendelinskapelle brechend voll war.

Helmut John und H.P. Schlotter erschlossen im Gespräch mit dem Künstler die künstlerischen Zugänge und Arbeitsweisen, die Jankovic in der Ausstellung in zwei Werkgruppen präsentiert: Einerseits die figürlichen Plastiken, in denen das einfache Material Zeitungspapier eine verblüffende Verwandlung zu einem ausdrucksvollen und hochästhetischen Werkstoff erfährt. Bisweilen im gewaltsamen Zugriff mit der Säge erreicht er höchst expressive und verfremdende Wirkungen. Präsentiert werden die Figuren und Figurengruppen sehr originell auf diversen Möbelarrangements, die eine Ateliersituation ahnen lassen.

Der zweite Werkaspekt sind Bleistiftzeichnungen, die als Bilderzyklus dicht an dicht an zwei Wände gehängt eine eindrucksvolle Gesamtwirkung entfalten und im Einzelblatt den höchst lebendigen und ausdrucksstarken Zeichner offenbaren. In den Zeichnungen beschäftigt sich Georg Jankovic mit dem Roman „Das Walnushaus“ des bosnischen Schriftstellers Miljenko Jergovic. Mit dem Schicksal einer Familie wird die gesamte Geschichte Jugoslawiens beschrieben, aber auch die eigene Familiengeschichte erahnt, Menschheitsdrama vorgeführt.

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